Wir wollten einen Hund und bekamen eine Eisbärin
Es war so weit, nach langer Planungsphase und reiflicher Überlegung haben wir uns entschieden unsere Familie um vier Pfoten zu erweitern. Nachdem wir unsere Prioritäten sortiert und sicher waren, die Artgerechte Versorgung des Tieres sicherstellen zu können suchten wir in Tierheimen und bei Ebay-Kleinanzeigen und wurden schnell auf verschiedene Tierschutzvereine aufmerksam, die sich bei der Hundevermittlung offensichtlich viel Mühe gaben. Denn anders als bei Privatanbietern wurde schon sehr gründlich kontrolliert, ob denn der Hund zu uns und vor allem wir zu dem Hund passen würden. So auch bei Zorro Dogsavior e.V. Gleich vier etwa 7 Monate alte Welpengeschwister waren im Raum Hameln zu vermitteln. Nach kurzem Terminabgleich konnten wir denn auch gleich alle bei einem Besuch kennenlernen. Heraus stach für uns Nanouk. Sie war zwar sehr schüchtern und ängstlich, aber ihr rundum gutes Gemüt war gleich zu sehen. Ruhig und Gelassen verbrachte sie einige Zeit mit uns auf einer Wiese bei Ihrer Pflegemutti Jacky. Beim zweiten Besuch, diesmal mit unserem 9-jährigen Sohn, stellte sie diese Ruhe auch ihm gegenüber dar und so war für uns bald klar, dieses liebevolle Tier würde sich bei uns prächtig machen. Natürlich hatten wir auch Sorgen, denn ihre Ruhe könnte auch Depression sein, ihre Angst auch PTBS (Post traumatische Belastungsstörung). Schließlich wurde sie mit ihren Geschwistern auf einer Müllhalde in Griechenland gefunden. Wer weiß, was ihr dort widerfahren ist – zwei ihrer Geschwister haben leider nicht überlebt. Auch der Transport – wegen Corona mit dem Bus – war sicher kein Zuckerschlecken. Aber sie hatte allein zwischen unseren beiden Besuchen so große Fortschritte gemacht, dass wir optimistisch genug waren. Sie würde nur Zeit brauchen sowie viel Fürsorge und Nachsicht. Und da wir uns sicher waren dies gewährleisten zu können überwiesen wir die Gebühr, unterschrieben den Vertrag und holten sie beim dritten Treffen ab.
Zwischenstand nach einer Woche: Nun ist sie seit genau einer Woche hier und wir haben schon fast vergessen, wie ängstlich sie am Anfang war. Sie freut sich, wenn wir nach Hause kommen. Sie frisst nach kurzen Anfangsproblemen schon fast normal. Sie liegt entspannt im Garten oder unterm Tisch, wenn wir bei Freunden grillen. Kurzum soweit so perfekt. Zuckte sie am Anfang noch zusammen, wenn man nur an einem stehenden Auto verbeigeht, so läuft sie jetzt fast unmerklich zur Seite schielend auch an fahrenden Exemplaren vorbei. Sobald sie ihre Bindehautentzündung hinter sich gebracht hat freuen wir uns schon darauf, mit ihr zur Hundeschule zu gehen. Sie hört schon sehr gut auf Körpersprache und akzeptiert Wesensbedingt problemlos Grenzen, aber so richtig locken und begeistern kann man sie noch nicht und so fällt das Training und Lob bisher „nur“ über soziale Bestätigung aus, aber das ist für sie auch sehr viel Wert.
Zwischenstand nach drei Wochen: Zwei weitere Wochen sind ins Land gegangen und Nanouk gehört inzwischen überall dazu und taut immer weiter auf. Sie zeigt erste Spielversuche, testet ihre Grenzen, zeigt Interesse an Artgenossen und lernt ihre ersten Kommandos. Ihre Bindehautentzündung hat sie gut überstanden und dank Schonkost frisst und verdauet sie inzwischen ohne Probleme, sodass wir das Futter etwas reduzieren konnten – damit sie die Leckerlies noch ein bisschen besser findet.
Alles in Allem sind wir sehr zufrieden mit ihr. Wir wussten, dass wir viel Geduld mit ihr haben werden müssen und sie für eine ganze Zeit unser Leben bestimmt. (Autofahrten geht noch nicht, Kinderfreunde müssen Rücksicht nehmen, Einkaufen geht nur zu zweit, etc.) Aber wir sind stolz, wie Oskar, wenn sie mal wieder einen Schritt vorwärts macht und da lohnt jede Mühe. Sie ist eine wunderschöne und liebenswürdige Hundedame und wir würden sie um nichts wieder abgeben. Achso, Nanouk heißt übrigens Eisbär auf Inuit. Den Namen hatte sie schon vorher, aber wir finden ihn super!